Awareness-Konzept

1. Atmosphäre

Bei unserer Fachgruppe und unseren Veranstaltungen sollen alle Menschen/Gäste sich wohlfühlen und eine gute Zeit haben. Leider gibt es immer wieder Personen, deren Verständnis von „eine gute Zeit haben“ andere darin beeinträchtigt diese zu haben. Dies kann z.B. durch übergriffiges/grenzüberschreitendes und/oder diskriminierendes Verhalten geschehen. Solch ein Verhalten wird als Fachgruppe nicht toleriert. Dieser Leitfaden hilft dabei Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine gute und entspannte Zeit und somit einen Safer Space für alle Beteiligten ermöglichen. Alle Fachgruppen Mitglieder*innen können angesprochen werden, wenn ein übergriffiges/grenzüberschreitendes und/oder diskriminierendes Verhalten beobachtet oder selbst erlebt wird. Vorfälle können auch via Mail an fsbio@gwdg.degemeldet werden. Bitte meldet alle Vorfälle (egal ob ihr diese nur beobachtet oder selbst betroffen seid) bei Veranstaltungen unserem Fachgruppen- Team oder direkt dem Awareness Team (Notfalltelefon). Keine Großveranstaltung ohne:  • Awareness-Team inkl. Notfall-Telefon (siehe Punkt 2.1) • Rückzugsraum: ein Raum, in dem Gäste sich zurückziehen können, denen es nicht gut geht. Wir achten darauf, dass: • die Bewerbung der Veranstaltung nicht sexistisch oder in anderer Weise diskriminierend gestaltet ist. • das günstigste Getränk alkoholfrei ist. • Leitungswasser umsonst verfügbar ist. • es Schilder gibt, die auf das Awareness-Team hinweisen (Toiletten, Türen, Bar) und die Gäste darauf hinweisen, auf ihre Getränke acht zu geben (K.O.-Tropfen).

 2. Strukturen

2.1. Awareness Team
Awareness bedeutet so viel wie Aufmerksamkeit und stellt das Bemühen dar, durch die Sensibilisierung aller Beteiligten, den Gästen einen Raum zu bieten, in dem aktiv gegen diskriminierendes Verhalten vorgegangen wird und Personen Unterstützung durch das Awareness Team finden, wenn diese vonnöten ist.
2.1.1 Grundsätzliches
• Wir achten darauf, dass Frauen* im Awareness Team sind.
• Als Awareness Team besprechen und lesen wir den Leitfaden im Vorfeld der Veranstaltung.
• Alle Menschen im Awareness Team sind nüchtern.
• Wir sind für die Gäste erkennbar (Warnwesten), ansprechbar bzw. über das Notfall-Telefon erreichbar.
• Wir zeigen Präsenz auf Veranstaltungen, d.h. wir gehen durch die Location und beobachten wie die Stimmung gerade so ist.
• Wir sprechen aktiv auffällige Personen an.
2.1.2 Zuständigkeiten des Awareness Teams
A . Das Awareness Team wird aktiv, wenn grenzüberschreitendes und/oder diskriminierendes Verhalten (1) beobachtet wird, (2) von anderen darauf hingewiesen wird oder (3) von Personen in Bezug darauf um Hilfe gebeten wird.
B. Wir achten auf stark alkoholisierte und/oder unter Einfuss von Substanzen stehende Personen: Wir sprechen sie an, fragen wie es ihnen geht. Wenn die Personen einen Pegel erreicht haben, der es ihnen nicht mehr ermöglicht, vernünftig an der Veranstaltung teilzuhaben oder dazu führt, dass andere Gäste davon beeinträchtigt werden, schicken wir sie nach Hause. Wir sorgen dafür, dass diese Personen auch den Weg nach Hause finden (z.B. Taxi rufen). Sollten die Personen nicht mehr ansprechbar sein, rufen wir zur Not einen Krankenwagen.
C. Das Awareness Team greifen bei Streitigkeiten ein. Hier achten wir auf Deeskalation: so versuchen wir, erst mit den Beteiligten zu sprechen. Wir gehen nie alleine in eine Situation rein. Zur Not rufen wir z.B. das Sicherheitsteam der Universität.

3. Umgang mit konkreten Situationen

Dieser Punkt zeigt die Handlungsmöglichkeiten bei Situationen auf, in denen Personen auf Veranstaltungen mit grenzüberschreitendem u./o. diskriminierendem Verhalten sowie sexualisierter Gewalt konfrontiert sind. Dies können: (1) Situationen sein, die das Awareness Team selbst beobachtet, (2) Situationen die von anderen Personen beobachtet und dem Awareness Team gemeldet werden und (3) Situationen bei denen betroffene Personen um Unterstützung bitten. Grundsätzlich gilt: wir geben niemals der betroffenen Person die Schuld für übergriffiges/diskriminierendes Verhalten/sexualisierte Gewalt! Die betroffene Person definiert den Vorfall. Wenn das Awareness Team eine Situation beobachtet oder eine Situation gemeldet wurde: • fragen wir die betroffene Person nach ihrem Befinden (z.B. Ist alles ok? Geht es dir gut mit der Situation xy?) • Wir erklären der betroffenen Person kurz, warum und was als Grenzüberschreitung wahrgenommen wurde bzw. dem Awareness Team gemeldet wurde. • Wir beachten aber, dass die eigene Wahrnehmung bzw. das gemeldete Verhalten der betroffenen Person nicht aufgedrängt wird. Vielleicht nimmt sie die Situation ganz anders wahr. • Möchte die betroffene Person keine Unterstützung, respektieren wir das. Wir bieten einen konkreten Ort an (z.B. soll sie sich an der Theke melden), wo sie – auch später noch – Unterstützung bekommen kann, wenn es gewünscht wird. Wir versuchen trotzdem, die Person ein wenig im Auge zu behalten, um im Zweifel noch einmal Unterstützung anbieten zu können Wenn die betroffene Person um Unterstützung durch das Awareness Team bittet • hören wir der betroffenen Person zu und nehmen sie ernst. • Wir erklären, dass in der Unterstützung nur das passiert, was die betroffene Person wünscht. Alles wird mit ihr abgesprochen. • Wir bieten Unterstützung an, z.B. ein Gespräch oder eine Möglichkeit, aus der Situation heraus-zukommen. Wir fragen sie, ob sie sich zurückziehen möchte (z.B. in den Rückzugsraum). • Wir sind zurückhaltend mit Körperkontakt, es sei denn, er ist von der betroffenen Person ausdrücklich erwünscht. • Wir fragen die Person ob sie eine Vertrauensperson hinzuziehen möchte. • Wir sind vorsichtig mit Fragen. Die betroffene Person soll nicht das Gefühl bekommen, sich rechtfertigen zu müssen. Vielleicht ist ihr auch unangenehm oder peinlich, was passiert ist. • Wir lassen der betroffenen Person und uns viel Zeit (in Krisen ist „Tempo rausnehmen“ total wichtig). • Wir bieten Möglichkeiten konkreter Unterstützung an. • Wir beachten die Wünsche und Bedürfnisse der betroffenen Person und stellen unsere eigenen hinten an (wenn sie z.B. keinen Rausschmiss der beschuldigten Person wünscht, respektieren wir das. Wir sprechen es zudem mit der betroffenen Person ab, wenn wir vorhaben die Polizei zu rufen. Es ist wichtig, dass die betroffene Person die Kontrolle über die Situation hat.) • Weitere Unterstützung kann z.B. sein: – Wenn die betroffene Person bleiben möchte, klären wir mit ihr, was sie dafür braucht. Vielleicht möchte sie, dass immer jemand in ihrer Nähe ansprechbar ist oder dass andere Leute der beschuldigten Person eine Ansage machen, die betroffene Person in Ruhe zu lassen oder das die beschuldigte Person die Veranstaltung verlassen soll. – Wir bieten an, dass die betroffene Person sich nicht selbst mit der beschuldigten Person auseinandersetzen muss, sondern dass dies jemand anderes für sie tun kann. – Wir bieten an, dass die beschuldigte Person die Location verlässt/Hausverbot bekommt, wenn dies gewünscht ist. – Wir bieten professionelle Unterstützungsmöglichkeiten / weiter führende Beratungsstellen an – Wir kümmern uns darum, dass die Person sicher nach Hause kommt (z.B. Taxi), wenn sie gehen möchte. Grenzüberschreitendes/diskriminierendes Verhalten Die Definition, ob eine sexualisierte Grenzverletzung vorgefallen ist, liegt einzig und allein bei der betroffenen Person. Jede von sexualisierter Gewalt betroffene Person kann für sich selbst sagen, was sie wann als Gewalt wahrnimmt. Gewalt wird aufgrund der persönlichen Geschichte, Gegenwart und Erfahrung von Betroffenen unterschiedlich erlebt, eingeordnet und eingeschätzt. So können z.B. ungewolltes Anfassen, Antanzen oder aber auch konsequentes verbales Anbaggern von Personen als grenzüberschreitendes bzw. übergriffiges Verhalten wahrgenommen werden. Es gilt unabhängig davon, wie der sexualisierte Übergriff aussah: wenn eine betroffene Person eine Vergewaltigung oder eine sexualisierte Grenzverletzung so bezeichnet, dann entspricht dies ihrer Wahrnehmung und ist somit als diese Bezeichnung zu akzeptieren. Doch nicht nur sexualisierte Grenzverletzungen können dazu führen, dass sich Menschen auf einer Party unwohl fühlen oder dem Awareness Team Bescheid sagen: Rassistisches, Antisemitisches, Sexistisches und/oder Homo-/Transphobes Verhalten kann von verbalen Beschimpfungen bis zu physischen Übergriffen reichen. Auch hier gilt: Wenn sich eine Person aufgrund ihrer sexuellen Identität, Hautfarbe und/oder Herkunft etc. von einer anderen Person angegriffen und diskriminiert fühlt solltet ihr die betroffene Person unterstützen und euch ihr gegenüber parteilich verhalten. Definitionsmacht Unter Definitionsmacht versteht man das Konzept, dass – aufgrund von individuell verschieden erlebter und wahrgenommener Gewalt – nur von der betroffenen Person definiert werden kann, wann Gewalt anfängt, Grenzen überschritten werden und was als Gewalt wahrgenommen wird. Somit sollte auch das Benennen von Gewalt/einer Grenzüberschreitung durch die betroffene Person unter keinen Umständen infrage gestellt werden. Unabhängig davon, wie der Übergriff aussah oder wie ihr ihn vielleicht wahrgenommen habt: wenn die betroffenen Person es als Gewalt/Übergriff bezeichnet ist dies unbedingt zu respektieren. Außerdem sollte der betroffenen Person auf keinen Fall durch z.B. Fragen nach Details des Übergriffs, ständiger Bitte um erneute Schilderung o.Ä. die Wahrnehmungsfähigkeit abgesprochen werden Parteilichkeit Unter Parteilichkeit müsst ihr euch einen Handlungsgrundsatz vorstellen, welcher zuallererst dafür da ist, der betroffenen Person Vertrauen zuzusichern. Dies ist besonders wichtig, da bei einem Vorfall, bei dem es zu grenzüberschreitendem Verhalten gekommen ist, Vertrauen meist verloren gegangen ist. Neben genommenem Vertrauen wurde auch ein zuvor als sicher empfundener Raum plötzlich zerstört. Diesen gilt es wiederherzustellen. Um dies zu schaffen, solltet ihr im wahrsten Sinne des Wortes Partei ergreifen, und zwar für die betroffene Person. Das heißt, ihr solltet euch auch innerlich auf die Seite der Person schlagen und dies konsequent und aktiv nach außen richten. Eine „neutrale“ Haltung in einer solchen Situation ist praktisch nicht möglich und auch nicht sinnvoll. Sie schadet am Ende nur der betroffenen Person und schützt die beschuldigte Person. Denn jede Art der Hinterfragung oder auch nur „nett gemeinte“ Nachfragen bringen die betroffene Person in eine Position, in der sie sich rechtfertigen muss und ihre Schilderung in Frage gestellt wird. Dies solltet ihr unter allen Umständen vermeiden! Solltet ihr merken, dass ihr euch nicht in der Lage fühlt, euch auf die Seite der betroffenen Person zu stellen und für sie Partei zu ergreifen, solltet ihr anderen Personen die Aufgabe übertragen und euch zurückziehen. Definition Frau* und Mann* Wir haben die Begriffe »Frau« und »Mann« mit Sternchen* markiert. Wie auch der Gender_Gap soll das Sternchen zugleich darauf hinweisen, dass es unterschiedliche Identitätskonzepte von Weiblichkeit und Männlichkeit sowie Menschen gibt, die sich nicht in der Zweigeschlechtlichkeit wiederfinden. Zugleich ist Zweigeschlechtlichkeit als soziales Verhältnis wirkmächtig und muss benannt werden. Die Begriffe »Frau« und »Mann« bezeichnen nichts Natürliches, sondern sind Positionen in diesem Verhältnis.
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